Hartmut Bauer
Traumatherapeut und Begründer der Humanaturetherapy

H u m a n a t u r e t h e r a p y
(englisch ausgesprochen: ˈhjuː.məneɪ.tʃərˈθer.ə.pi)


Der  S c h l ü s s e l  zu unseren Traumata 

Albert Hofmann (1906-2008; Entdecker des LSD) sagte einmal, dass sich das LSD zu "normalen" Medikamenten verhalten würde, wie die Atombombe zu einer "normalen" Bombe. 

Da ich LSD nicht benutzen kann bzw. darf und ich psychedelische Substanzen nicht (!) als Medikamente sehe, sondern als Teil meines Therapiekonzepts, dient mir ein erweiterter Vergleich zur Veranschaulichung: Die Humanaturetherapy verhält sich zu einer "normalen" Psychotherapie (VT, TP, AP, SysT, EMDR, SE), wie die Kettensäge zu einer Nagelfeile.



Zugegeben, der Vergleich klingt drastischer, als er tatsächlich ist. Dies liegt jedoch vor allem in der Natur psychischer Verletzungen begründet und in deren Unsichtbarkeit (Eisberg-Dilemma). So ähneln diese, wenn man sie denn sichtbar machen könnte, eher einem dornigen, stacheligen, undurchdringlichen Urwald voller Mammutbäume, Schlingpflanzen und Dickicht, das ganz sicher nicht mit einer Nagelfeile bezwungen werden kann. 

Und doch gibt es eine Möglichkeit, dorthin zu gelangen - unter die Oberfläche, und dort vorsichtig, langsam aber konsequent, Liane für Liane zu entfernen und Dickicht nach Dickicht zu lichten, bis aus der "Traumalandschaft" wieder ein selbstbestimmtes, symptomfreies Leben wird. Ja, das ist möglich!


S e t  und  S e t t i n g

Für eine solch spezielle "Heilungsreise" braucht es besondere Landkarten, Wegweiser und Begleiter:

  • Traumalandkarte: Damit wir wissen, womit wir es zu tun haben, wohin wir wollen und was uns unterwegs alles begegnen könnte, erstellen wir eine Traumalandkarte. Dafür führe ich ein Biografisches Interview durch und wir erstellen ein Genogramm (eine Art psychischer Stammbaum).
  • Wegweiser: Die Symptome, die der Patient hat und die Medikamente, die er zu sich nimmt, dienen uns als Wegweiser auf der Reise.
  • Das Setting, die äußere Umgebung, sind ruhige, schön eingerichtete Räume, die allen erdenklichen Komfort für eine angenehme und zielführende Reise bieten.
    Als Türöffner, endlos großer Schlüsselbund und wissende Führung dienen legale psychedelische Substanzen, die erst den Zugang unter die Oberfläche ermöglichen. Die sich aber auch schützend vor zu große Herausforderungen (Etappen) stellen (Helioskopeffekt = man kann in die Sonne schauen, ohne zu verbrennen - nach Gregor Hasler) und jederzeit den richtigen und machbaren Pfad weisen.
    Und nicht zuletzt gehöre ich zum Setting als Reisebegleiter, Beschützer und "guter Geist" (Eudaimon) mit meiner Erfahrung und Kenntnis vieler und unterschiedlichster Traumalandschaften - und vor allem deren Bezwingung!
  • Musik ist ein weiterer, wenn nicht DER wesentliche Teil des Settings. Eine für den Patienten bedeutsame Musik und Musik, die nach meinen Erfahrungen "gut funktioniert", dient uns als Vehikel, als eine Art "Faradayscher Käfig", in dem wir geschützt (wieder Helioskopeffekt) reisen.
    Musik ist so bedeutend, dass ich sie in der ambulanten Therapie ohne psychedelische Unterstützung einsetzen kann - mit den gleichen Effekten (s.u.).
  • MindSet: Dazu kommt die innere Einstellung des Patienten, das MindSet. Neben Veränderungsbereitschaft, Leidensdruck, Neugierde und etwas Respekt braucht es nichts weiter. 
  • Noch ein paar Worte zum gefürchteten "bad trip": Weder ich selbst, noch einer meiner Patienten hat jemals eine "schlechte Reiseetappe" erlebt. Frei nach `James Bond': "Sag niemals nie", bin ich mir trotzdem sehr sicher, dass ein "bad trip" im Setting der Humanaturetherapy wohl unmöglich sein wird.

Oben: Beispiel für eine Traumalandkarte

Unten: Behandlungsraum mit sehr guter Musikanlage!


Das  B e s o n d e r e :  Der Heilungsprozess

Wenn nun also die Rahmenbedingungen, Set und Setting, Traumalandkarte, Reiseplanung und Begleitmusik klar sind, wie läuft die Therapie ab, wie wird der Selbstheilungsprozess in Gang gesetzt? Dies ist immer noch, auch für mich, das faszinierendste und Besondere an der Humanaturetherapy (und der Hauptgrund, warum ich sie so genannt habe):

  • Vereinfacht gesagt, wird das Ereignis, das die psychische Verletzung verursacht hat, "vom Kopf auf die Füße" gestellt. Das bedeutet: Die Verarbeitung findet (vorerst) nicht (!) kognitiv statt, sondern hauptsächlich emotional und körperlich. Von der psychedelischen Substanz wird über den Serotoninhaushalt nahezu unser gesamtes Nervensystem (spezifisch) aktiviert - ausgehend vom "Darmhirn". Zusammen mit der Musik entstehen Bilder und Filme, die mehr gefühlt, denn angeschaut werden können. Alle Informationsverarbeitung läuft "von unten nach oben" über den Parasympathikus. Dazu entwickelt sich die uns Säugetieren eigene Art der körperlichen Traumaverarbeitung: Traumazittern! (Dieser Prozess ist so spannend, dass ich dazu bald mehr und ausführlicher hier berichten werde!)
  • Anhand einer körperlichen Verletzung, z. Bsp. eines Beinbruchs, lässt sich das Prinzip der Selbstheilung vielleicht noch besser veranschaulichen: Nach der Erstversorgung (evtl. Schmerzmittel, Wundversorgung) wird mithilfe eines Röntgenbildes geschaut, wie genau die Verletzung aussieht, und der Knochen wird wieder gerichtet. Das Bein wird dann noch ruhig gestellt (Schiene oder Gips) und die Heilung übernimmt unsere Natur. Vielleicht noch etwas Reha und das war´s.
  • Die Heilung der psychischen Verletzung findet analog zu obigem Beispiel statt. Auch hier gibt es eine klare Reihenfolge der notwendigen Schritte. Ähnlich einem Hausbau kann kein Dach gedeckt werden, bevor nicht das Dach aufgerichtet wurde, bevor nicht Wände stehen, bevor es kein Fundament gibt. Alles hat eine logische und sinnvolle Reihenfolge. Und genauso läuft die Humanaturetherapy ab. Der Reihe nach; jede Etappe baut logisch und sinnvoll auf der vorherigen auf.
  • Neuroplastizität: Neben einer ersten Beruhigung des Patienten und einer Grundstabilisierung findet vor allem eine "Weitung von Möglichkeiten" statt. Die Patienten sehen die Welt - oftmals seit Ewigkeiten - nicht mehr eindimensional, wie durch einen Tunnel oder eine Sackgasse. Durch die psychedelische Substanz entstehen unzählige neue neuronale Verknüpfungen (Neuroplastizität), die eben auch neue Denk- und Sichtweisen ermöglichen.
  • "Musiktherapie": Offensichtlich entsteht bei den meisten Patienten aus der Kombination von Musik mit psychedelischer Substanz ein Zugang "unter die Wasseroberfläche", zu den Verarbeitungsetappen, der jederzeit wieder - nur (!) durch die Musik - genutzt werden kann.
  • So "fahren" wir mithilfe der Musik gemeinsam Etappe für Etappe, Ereignis für Ereignis ab. Nach und nach verschwinden Symptome und die Notwendigkeit, Schmerz und Not mit Medikamenten zu reduzieren, fällt weg.
  • Bemerkenswerterweise zieht die kognitive Verarbeitung all dessen wie ein Kometenschweif hinterher, ohne explizit angesprochen zu werden. Es passiert, läuft vielleicht "unter Reha" und das war´s!
  • Stabil: Jede Etappe und der gesamte Heilungsprozess sind nicht umkehrbar, da sie physiologisch verankert sind. Die geheilten Verletzungen bleiben geheilt und die neuen Verhaltensweisen bleiben stabil, weil deren alte neuronale Bahnungen nicht mehr existieren und durch neue ersetzt wurden. 



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